Lothar Spohr

Jahrgang 1954.

1971 - 1975 Lehramtsstudium für Kunsterziehung und Polytechnik (Diplom).

1975 - 1980 Studium der Freien Kunst an der Universität Gesamthochschule Kassel mit Schwerpunkt Keramik (Prof.  Popp) (Diplom).

Seit 1979 eigene Werkstatt/Töpferei.

1984 Eintragung in die Handwerksrolle und Ausbildungsbetrieb im Keramikerhandwerk.

Seit 1980 in der Erwachsenenbildung mit Seminaren tätig.

Über meine Arbeit

Seit ich 1975 mit künstlerischer Keramik zu arbeiten angefangen habe, steht für mich als eines der tragenden Themen meiner Arbeiten der Spannungsbogen "Natur - Technik" bzw. Natur - Kultur" im Vordergrund. Über viele Jahre hin habe ich dieses Spannungsfeld versucht durch Reliefs aufzuarbeiten; Reliefs, die mit ihren stilisierten oder abstrahierten Merkmalen für diese beiden Spannungspole, deren Kontrast und Harmonie, Kampf und Versöhnung darzustellen versuchen.In diesen Reliefs (und einigen Plastiken) wird die Bemühung  sichtbar, sowohl die Natur mit ihren eigenen Gesetzen als auch die menschliche Kultur oder das technische Prinzip durch charakteristische Symbole in eine bildnerische Sprache umzuwandeln. So stehen den zufällig aufgebrochenen oder gerissenen (weil den natürlichen Materialgesetzen folgend) Tonplatten lineare, kubische Elemente gegenüber, die mit Hilfe von Werkzeugen (alsElemente der Technik)ihre exakte Form erhalten haben. Dabei bleibt für mich ungelöst, ob dieser Gegensatz eher kritisch oder versöhnlich anmutet und diese Frage muß wohl  jeder Betrachter von seinem Standpunkt aus selber beantworten.Ich halte das Material Ton bei diesem Themenkreis für das überzeugendste. Denn Ton ist Erde, unverfälschte und unveränderte Natur und zugleich in seiner gestalteten vom Menschen geprägten Form eines der ältesten Materialien unserer menschlichen Kultur und deshalb auch von hohem symbolischen Wert. Ton als Material in meiner Hand läßt zu, daß seine natürlichen Eigenschaften, sein Charakter und seine Schönheit als eigenständiger Ausdruck deutlich werden können und er läßt es zu, daß ich durch die Verwendung handwerklicher Techniken dieses Material zu hochentwickelten Objekten unserer Kultur verarbeite. Damit der Charakter des Materials, seine Farbe und lebendige Oberfläche zum Ausdruck kommt, verzichte ich meist auf Glasuren und hebe die Oberflächenstrukturen durch dezent eingesetzte Einfärbungen hervor.Dieser Themenkreis, der Versuch einer Darstellung wechselnder Faszinationen, hat sich in den letzten Jahren in meinen Arbeiten mehr von der distanzierten Betrachtung unserer Kultur, so wie sie sich in und mit der Natur darstellt, fortentwickelt. Der Mensch steht jetzt mehr im Mittelpunkt. Beziehungen zwischen Menschen, zwischen Mann und Frau, innere Konflikte und Kontraste, die Wahrnehmung von Leben und Tod bestimmen mich und meine Arbeit in den letzten Jahren sehr viel stärker. Gleichzeitig verlagerte sich die Ausdrucksform weg vom Relief und hin zur Skulptur, werden neben der gegenstandslosen oder abstrahierten Form auch Figuren in die Arbeit einbezogen. Während das Relief durch seine  Präsentation mehr auf Distanz zum Betrachter geht, kommt die Skulptur dem Betrachter entgegen, läßt mehr Nähe zu und erlaubt verschiedene Perspektiven oder Ansichten. Das entspricht meiner Absicht, mit der jeweiligen Plastik einen Blick auf mein Innenleben zuzulassen. Die Sprache bildnerischer Mittel ist reich. Und jeder Betrachter verfügt über die Fähigkeit, seine persönlichen Erfahrungen in einen Dialog einzubringen. Ich setze dazu bewußt Form- und Farbelemente in meinen Arbeiten ein, die durch ihre symbolische Ausdruckskraft zu Assoziationen animieren sollen, ohne dabei unterschiedliche Interpretationen auszuschließen. Aufstrebende schlanke Formen mit dynamischen Linien stehen für die Kraft, den Willen und den Stolz menschlicher Existenz. Sie tragen in einigen Arbeiten symbolisch die Last und Bürde menschlicher Schattenseiten, die sich durch die Anordnung waagerechter Elemente mit die Schwere verdeutlichenden fließenden Linien oder die ausgewählten Farben der Oberfläche ausdrücken. In der Materialbearbeitung verzichte ich auf feine Ausarbeitungen und lasse dem Material seinen Charakter. Man kann eine keramische Oberfläche 'totarbeiten', sodaß sie auch nicht mehr unbedingt als das ursprüngliche Material erkennbar ist. Ich bevorzuge dagegen (wohl aus Respekt vor dem Material) eine Bearbeitung, die nachvollziehbar und in ihren Spuren erkennbar bleibt, die dem Ton sein Eigenleben und seine eigenen Gesetze läßt, die Spuren der Hand, des Werkzeugs und des Feuers sollen sichtbar, nachvollziehbar  bleiben. 

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Einzelausstellung “SKULPTUR  UND  GEFÄSS” in der “Handwerksform Kassel” 1994